Innovationen vorantreiben: Freiräume für Digitalisierungsvorhaben im Tagesgeschäft schaffen
Digitalisierungsvorhaben stellen für Einrichtungen und einzelne Mitarbeitende oft einen Mehraufwand sowie eine Abkehr von gewohnten Arbeitsroutinen dar. Digitalisierungsprozesse werden daher vielfach zunächst als Störung des eigentlichen Kerngeschäfts – der interaktionsbasierten Pflege von Bewohner:innen – wahrgenommen. Stehen Unternehmen am Beginn der Digitalisierung fehlt es nicht selten an konsistenten Strategien und etablierten Praktiken der Implementierung digitaler Strukturen und Produkte. Für viele Einrichtungen, aber insbesondere auch für „Digitalisierungsneulinge“, stellt sich daher die Frage: Wie können digitale Strukturen im laufenden Arbeitsalltag einrichtungsspezifisch eingeführt werden, ohne dass das „Tagesgeschäft“ darunter leidet?
Die Heinrichs-Gruppe zählt mit 1.100 Mitarbeitenden und 20 Standorten in der ländlich geprägten Region Gangelt, Heinsberg, Aachen und dem Rhein-Erft-Kreis, zu den größeren Anbietern gesamtheitlicher Pflege- und Betreuungsangebote. Jegliche Digitalisierungsbemühungen fußen in der Heinrichs-Gruppe zunächst auf einer technischen Vorgabe: alle digitalen Strukturen sollen ineinandergreifen können. Herzstück für alle Pflegeprozesse ist die digitale Dokumentation. In diese sollen alle weiteren versorgungsspezifischen Anwendungen problemlos eingegliedert werden können. Um dies zu erreichen, werden Anwendungen grundsätzlich als technisch an eigene Bedürfnisse und technische Infrastrukturen anpassbar verstanden. Neben technischen Überlegungen wird bei der Auswahl zu digitalisierender Abläufe und bei der allgemeinen Vorgehensweise aus unterschiedlichen Gründen auf Ergebnisse aus Forschungs- und Entwicklungsprojekten gesetzt:
Für Mitarbeitende bietet die Heinrichs-Gruppe teilweise die Gelegenheit sich als Projektverantwortliche einzubringen, um mit klar geregelter Verantwortlichkeit Digitalisierungsprozesse mitumzusetzen und auch ausserhalb der regulären Arbeitszeit ihr Engagement vergütet zu bekommen. Innerhalb der Einrichtung erfüllen die Projektverantwortlichen eine Multiplikator:innen-Funktion und informieren, schulen und beraten Kolleg:innen im Umgang mit neuen Technologien. Auf diese Weise sollen motivierte Mitarbeiter:innen als Multiplikator:innen Forschungs- und Entwicklungsprojekte nutzen, um Digitalisierungsprozesse im Kontext der täglichen Patientenversorgung zu erschließen, ohne letzteres dabei zu sehr zu beeinträchtigen. Die projektbasierte Arbeit gibt zusätzlich eine klare Implementierungslogik vor, die durch kompetente Partner der Projektkonsortien (bspw. Universitäten) unterstützt wird. Sie stellt zudem sicher, dass ein technischer Support sowie eine Aufklärung der Bewohner:innen und Angehörigen gewährleistet ist.
Die Auswahl zu digitalisierender Abläufe wird primär an den ländlichen Gegebenheiten, den eigenen Schwerpunkten – die Versorgung von Menschen mit Demenz – sowie am eigenen Pflege- und Betreuungskonzept, das ein selbstbestimmtes Leben der Bewohner:innen gewährleisten möchte, ausgerichtet. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Projektvorhaben in das Tagesgeschäft passen und Mehrwerte der Digitalisierung im Sinne des „Mitgestalten“ selber beurteilt werden können. Zu den Erfolgserlebnissen zählen in diesem Zusammenhang die Umsetzung telemedizinischer Versorgungslösungen, die den Bewohner:innen Video-Konsultationen mit Ärzt:innen ermöglichen und allgemein zur Vermeidung von Krankenhaus-Fehleinweisungen beitragen.
Take-Home-Botschaft: Die Teilnahme an Forschungs- und Entwicklungsprojekten als Anwendungspartner bietet Einrichtungen die Möglichkeit, Organisations- und Personalentwicklung in Digitalisierungsprojekten zusammenzudenken. So können personelle Ressourcen für Digitalisierungsthemen geschaffen werden und andererseits können Einrichtungen Digitalisierung im Sinne des Mitforschens erleben und an die eigene Organisation anpassen.