Hardy Mannheims
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege
Welche Chancen sehen Sie in der Digitalisierung der Altenpflege?
In der Digitalisierung liegt eine Chance, wenn sie genutzt wird die Pflege von administrativen, pflegefremden oder pflegefernen Tätigkeiten zu entlasten. Die Pflegenden können sich dann wieder mehr auf ihre originären Aufgaben in der Arbeit mit und an den pflegebedürftigen Menschen konzentrieren.
Auf diesem Weg können gute Arbeitsbedingungen gute Pflege ermöglichen und helfen, mit mehr Attraktivität der Pflegeberufe die drängenden Nachwuchsprobleme zu entschärfen bzw. den bestehenden Teufelskreis aus: schlechten Arbeitsbedingungen -Überlastung – sinkender Pflegequalität –Erkrankung und /oder Frustration der Pflegenden - Aufgabe des Berufes- Nachwuchsmangel - zu durchbrechen.
Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass in der Altenpflege mehr digitale Technik genutzt wird?
Um die Chancen der Digitalisierung zu realisieren und ihre Risiken vermeiden zu können, braucht es glaubwürdige und in ihrer positiven Wirksamkeit für die Pflegebedürftigen und Pflegenden evidente Lösungen. Ansätze, die mit einer weiteren Verdichtung der Arbeit oder Entfremdung zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen einhergehen, sind in diesem Sinne nicht zielführend.
Gut ist, wenn die Anbieter und Entwickler die Anwender und Nutzer – sprich Pflegende und Pflegebedürftige – auf dem Weg zu guten, digitalen Lösungen frühzeitig, emphatisch und intensiv einbinden. So kann erreicht werden, dass die Technik, Arbeitsabläufe und begleitenden Prozesse den Menschen angepasst werden.
Der umgekehrte Ansatz widerspricht arbeits- so wie gesundheitswissenschaftlichen Grundsätzen und scheitert zumeist. Anders als bei industriellen und auch hochtechnisierten medizinischen Anwendungen scheint allerdings zwischen Pflege und IT-Welt noch ein größerer Abstand zu bestehen.
Wie unterstützen Sie Ihre Mitglieder bei der Digitalisierung? Welches Instrument hat sich als besonders erfolgreich erwiesen?
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege ist die gesetzliche Unfallversicherung für Menschen in Berufen aus dem Bereich Gesundheit und Soziales. Wir unterstützen unsere Mitgliedsunternehmen und Versicherten mit einer Vielzahl von Leistungen die Arbeit menschengerecht zu gestalten so wie Unfällen und Erkrankungen – aktuell z.B. beruflich erworbenen Covid-Infektionen – vorzubeugen.
Passiert doch etwas, gewähren wir optimale medizinische Behandlung und sorgen dafür, dass die Betroffenen wieder am beruflichen und sozialen Leben teilhaben können. Langfristig wird unser gutes Sozialsystem – und zentral darin die Pflege – nur über mehr Prävention, also Vorbeugung z.B. von frühzeitigem Ausscheiden bzw. dem möglichst langen Erhalt von Motivation und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten funktionsfähig bleiben können.
Unser Ansatz ist es deshalb, die Unternehmen beim Aufbau einer Präventionskultur –verankert in entsprechenden Leitbildern und integriert in Management und Betriebsführung – zu begleiten oder zu bewegen. Mit dieser Zielsetzung bieten wir Betriebsberatungen, durchaus auch in vertiefter Form durch Projektbegleitung in Veränderungsprozessen oder aktuell durch Coaching für Fach- und Führungskräfte sowie Personal- und Betriebsräte zur Bewältigung von Krisensituationen in der Pandemie an. Weiter sind die Berufsgenossenschaften eine der größten Trägerinnen von beruflicher Fort- und Weiterbildung.
Dies geschieht über ein breites Portfolio von Themen und Formaten wie z.B. Einzelbetreuung von Betroffenen, Seminaren, Workshops, Fachtagungen bis hin zu Großveranstaltungen in digitaler und konventioneller Form. Zur Digitalisierung in der Pflege haben wir sehr früh deren Nutzung und Auswirkungen erhoben und bieten für den Austausch von Erfahrungen den Pflegeunternehmen und Pflegenden zu dieser Thematik regionale Fachtagungen und zentrale Veranstaltungen an. Wir begleiten dies intensiv auch durch eigene, insbesondere arbeitsmedizinisch-epidemiologische Forschung in Hinblick auf die gesundheitlichen Effekte.